Die Biodiversitätsstatistik bildet oft die Grundlage vieler floristischer oder faunistischer Untersuchungen. Grundsätzlich geht es darum, die Diversität einer Artengemeinschaft auf verschiedenen Ebenen zu ermitteln. Die alpha-Diversität drückt hierbei beispielsweise die Vielfalt einer Artengemeinschaft oder einer Probefläche aus, während die beta-Diversität einen Vergleich vieler Artengemeinschaften oder Probeflächen entlang eines ökologischen Gradienten ausdrückt. Man kann aber auch verschiedene alpha-Diversitäten vergleichen. Häufig verwendete alpha-Diversitätsindizes sind der Shannon-Wiener Index und der Simpson-Index), die beta-Diversität wird häufig mit Jaccard-, Bray-Curtis- oder Sörensen-Maßen ausgedrückt.
In der nachfolgenden Tabelle (aus Buchholz et al. 2012) ist ein typischer alpha-Diversitätsvergleich zu sehen. Die alpha-Diversität dreier Kategorien (Drought = Dürre, Control = Kontrolle, Irrigation = Bewässerung) wird für die Laufkäfer, Spinnen und Heuschrecken verglichen. Ausgedrückt wird die alpha-Diversität durch die Anzahl der Arten, Anzahl der Individuen und den Simpson-Index. Um zu testen, ob die Unterschiede signifikant sind, wurde eine ANOVA berechnet. Die Ergebnisse lassen beispielsweise den Schluss zu, dass die alpha-Diversität der Laufkäfer in der Kategorie Bewässerung am höchsten ist. Die Zahlen sind im Übrigen die Mittelwerte +/- Standardfehler.
Die Diversität oder Artenvielfalt lässt sich übrigens auch extrapolieren, das bedeutet hochrechnen. Gehen man beispielsweise davon aus, dass die Daten nur über einen recht kurzen Zeitraum oder nur auf wenigen Flächen in einem Gebiet erfassen werden konnten. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass die Daten nicht komplett erfasst sind, eine Artengemeinschaft daher nicht vollständig erfasst ist. Hier bietet sich die Berechnung einer maximal möglichen Artenzahl an. Hierzu kann man verschiedene nicht-parametrische Schätzer verwenden. Im nachfolgenden Beispiel (aus Buchholz 2010) sind die verschiedenen Artenvielfalten von vier Gruppen abgebildet – übrigens mit einem Fehlerbalkendiagramm. Vergleichen Sie die Rohdaten (raw, also die tatsächlich erfasste Artenzahlen) mit der maximal möglichen Artenzahl (estimated). Für letztere werden durchgehend höhere Wert abgebildet und man sieht, dass im Vergleich der vier Gruppen für beide Maße jeweils unterschiedliche Aussagen getroffen werden können.
Häufig tritt bei der Biodiversitätsstatistik also die Frage auf, wie vollständig beispielsweise Artdaten erfasst wurden, d.h. wie vollständig das Artinventar ist. Dies lässt sich mit Hilfe von Artensättigungskurven (species accumulation curves) sehr gut darstellen. Nachfolgend eine Kurve, die Vollständigkeit des Arteninventars in einem nordost-griechischen Feuchtgebiet darstellt (aus Schröder et al. 2011). Hier sieht man, dass das Arteninventar zwar recht umfassend aber nicht vollständig ist. Bei einer vollständigen Erfassung des Arteninventars würde sich die Kurve mehr und mehr einer Gerade annähern, was bedeutet, dass bei einer weiteren Erfassung keine neuen Arten mehr dazukommen würden. In der ökologischen Praxis ist es jedoch oft unmöglich, ein komplettes Arteninventar zu erfassen, da hier ein sehr hoher Zeitaufwand veranschlagt werden müsste.
Neben der klassischen Biodiversitätsstatistik wurden in den letzten Jahren auf vermehrt Berechnungen zur funktionellen Diversität durchgeführt. Hierbei geht es nicht um die Anzahl oder Vielfalt der Arten, sondern um die Vielfalt der Funktionen. Man betrachtet also, wie viele unterschiedliche Funktionen von den vorkommenden Arten übernommen werden. Man differenziert hier also nach funktionellen Artengruppen, also eine Gruppe von Arten, die ähnliche Eigenschaften in Funktion und Struktur haben (der Begriff der ökologischen Gilde spielt hierbei übrigens auch eine Rolle). Konkret kann sich das zum Beispiel auf die Ernährungsweise beziehen. Eine Artengemeinschaft, die nur aus zoophagen Arten besteht, wird eine geringere funktionelle Diversität haben, als jene, die aus zoo-, phyto- und mycophagen Arten besteht. Bei den Auswertungen spielen biologische Eigenschaften eine wichtige Rolle. Sowohl bei Pflanzen als auch bei Tieren lassen sich jeweils viele dieser Eigenschaften sehr gut betrachten (Pflanzen: Wuchsform, Größe, Ausbreitungstyp etc.; Tiere: Größe, Ernährungstyp, Jagdstrategie, Nistplatz, Mobilität etc.).
Letztendlich können Diversitätsmaße auch verwendet werden, um die Habitat- oder Landschaftsdiversität zu berechnen. Ein Habitat mit mehreren räumlichen Ebenen (z. B. viele Vegetetaionsstraten) wird hierbei diverser sein, also eines mit nur einer Ebene. Auch eine Landschaft, die eine Vielzahl an Biotoptypen ausweist, kann als divers gelten.
Zitierte Quellen:
Buchholz, S. (2010): Ground spider assemblages as indicators for habitat structure in inland sand ecosystems. Biodiversity and Conservation 19: 2565-2595.
Buchholz, S., Rolfsmeyer, D. & Schirmel, J. (2012): Simulating small-scale climate change effects – lessons from a short-term field manipulation experiment on grassland arthropods. Insect Science 20: 662-670.
Schröder, M., Chatzaki, M. & Buchholz, S. (2011): The spider fauna of the Aladjagiola wetland complex (Nestos Delta, NE Greece) – a reflection of a unique zoogeographical transition zone in Europe. Biological Journal of the Linnean Society 102(1): 217–233.